Neues Kassenwahlrecht ab 2021

Das Kassenwahlrecht wird 2021 reformiert. Nun können Kassenmitglieder leichter die Kasse wechseln. Damit möchte die Politik den Kassenwechsel 2021 vereinfachen und für einen schnelleren Kassenwechsel sorgen.

Ab dem 1.1.2021 tritt ein neues Kassenwahlrecht in Kraft. Mit dem MDK-Reformgesetz sind dabei einige Neuerungen und Änderungen im Ablauf bei einem Kassenwechsel künftig zu beachten. Das neue Kassenwahlrecht 2021 ermöglicht es den Mitgliedern schneller die Krankenkasse zu wechseln. Ferner entfallen künftig vielfach die Kündigungsschreiben an die bisherige Krankenkasse, da das Kündigungsverfahren digitalisiert wird.

Die Neuerungen im Überblick – Kassenwechsel 2021

  • Verkürzung der Bindungsfrist von 18 Monate auf 12 Monate
  • Wechselmöglichkeit bei Wechsel des Versicherungsverhältnisses, zum Beispiel Arbeitgeberwechsel, (sofortiges Wahlrecht)
  • Wegfall der Papier-Kündigung an alte Kasse

Bindungsfrist verkürzt sich

Bislang bestand für Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung eine Bindungsfrist von 18 Monaten. Diese Bindungsfrist wird ab 1.1.2021 auf 12 Monate verkürzt. Diese „allgemeine Bindungsfrist“ besteht nunmehr für 12 Monate, es sei denn die Mitgliedschaft endet zwischenzeitlich, zum Beispiel durch einen Arbeitgeberwechsel. Dann endet auch die Bindungsfrist, ohne dass die 12 Monate erfüllt sein müssen.

Neben der allgemeinen Bindungsfrist von 12 Monaten gibt es weiterhin „spezielle Bindungsfristen“ von 12 Monaten bzw. 36 Monaten, zum Beispiel für Kostenerstattungstarife. Die spezielle Bindungsfrist endet ebenfalls, wenn innerhalb der Bindungsfrist ein Wechsel des Versicherungstatbestandes stattfindet, beispielsweise ein Arbeitgeberwechsel fällt.

Anmerkung: Die Bindungsfrist an eine Krankenkasse beschreibt den Zeitraum, an den ein Mitglied an seine Kasse gebunden ist. Bei unverändertem Versicherungsverhältnis ist ein Kassenwechsel nur zum Ablauf der Bindungsfrist möglich.

Kassenwahlrecht 2021: Wahlrecht bei Statuswechsel

Ändert sich der Versicherungsstatus eines Kassenmitglieds, zum Beispiel bei einem Arbeitgeberwechsel, ist künftig zeitgleich ein Kassenwechsel zu diesem Zeitpunkt möglich, ohne dass die alte Kasse gekündigt werden muss und auch eine Kündigungsfrist ist in diesem Fall nicht mehr einzuhalten. Damit haben Arbeitnehmer nun wieder bei jedem Arbeitgeberwechsel die Möglichkeit, die Krankenkasse zu wechseln. Das gilt auch, wenn etwaige Bindungsfristen (12 Monate/36 Monate) noch nicht erfüllt sind.

Kassenwahlrecht 2021: Wahlrecht nach Ablauf der Bindungsfrist

Für Mitglieder, die in einem ununterbrochenen Versicherungsverhältnis sind, können ebenfalls ihre Krankenkasse wechseln. Allerdings muss hierbei die allgemeine bzw. spezielle Bindungsfrist erfüllt sein. Ist dies noch nicht der Fall, kann ein Kassenwechsel frühestens zum Ablauf der Bindungsfrist (12 Monate) erfolgen. In diesem Fall ist jedoch die Kündigungsfrist zu beachten. Es gilt, dass ein Kassenwechsel frühestens nach Ablauf des übernächsten Kalendermonats nach einer Kündigung erfolgen kann (zweimonatige Kündigungsfrist).

Wegfall der Papier-Kündigung an alte Kasse

Ebenfalls neu ist der Ablauf der Kündigung. Musste das Mitglied bislang noch die Kündigung gegenüber der bisherigen Kasse im Papierverfahren mittels eines Kündigungsschreibens erklären, übernimmt dies künftig ein elektronisches Meldeverfahren zwischen den Krankenkassen. Dabei teilt die neue Kasse elektronisch der bisherigen Kasse mit, dass es einen Kassenwechsel zu einem bestimmten Datum gegeben hat. Die alte Kasse bestätigt dies dann gegenüber der neuen Kasse, wenn sie beispielsweise die Abmeldung des bisherigen Arbeitgebers vorliegen hat.

Ein Kündigungsschreiben an die bisherige Krankenkasse ist künftig nicht mehr nötig. Es genügt seitens des Mitglieds die Beitrittserklärung an die neue Kasse und ggf. die erfüllte Bindungsfrist.

So ganz entfällt die Papier-Kündigung allerdings nicht. Denn in einigen Sonderfällen ist weiterhin ein Kündigungsschreiben erforderlich. Dieses ist immer dann angezeigt, wenn das Mitglied das System der gesetzlichen Krankenversicherung verlässt. Dies dürfte regelmäßig der Fall sein bei einem Umzug ins Ausland oder dem Wechsel in eine private Krankenversicherung (PKV).

Krankenkassenwahl 2021 – Varianten

Bei einem Krankenkassenwechsel wird es ab 2021 letztlich zwei Varianten geben. Einerseits der Kassenwechsel, weil sich der Versicherungsstatus ändert, im Regelfall also ein Arbeitgeberwechsel. Alternativ kann ein Kassenwechsel aber auch bei einem durchgehend bestehenden Versicherungsverhältnis erfolgen (Kassenwechsel bei ununterbrochenem Versicherungsverhältnis).

Ab 1.1.2021 gilt, dass die Mitglieder grundsätzlich nur noch 12 Monate an ihre Kassenwahl gebunden sind. Diese Bindungsfrist endet jedoch, wenn die Mitgliedschaft kraft Gesetzes endet, also beispielsweise beim Ende der Beschäftigung. In diesem Fall braucht keine Kündigung mehr an die alte Kasse gesendet werden. Es genügt eine fristgerechte Beitrittserklärung gegenüber der neuen Krankenkasse.

Kassenwechsel durch Änderung im Versicherungsstatus

Ändert sich der Versicherungsstatus so ist künftig ein sofortiger Kassenwechsel möglich. Dies gilt auch, wenn zwischen zwei Versicherungsverhältnissen ein nahtloser Übergang besteht. Eine Kündigung an die bisherige Kasse ist nicht nötig und auch eine Bindungsfrist endet mit dem Ende des vorhergehenden Versicherungsverhältnis.

Um eine neue Kasse zu wählen muss ein Arbeitnehmer bei einem Arbeitgeberwechsel innerhalb von zwei Wochen nach Beginn es neuen Versicherungsverhältnisses (Beschäftigungsbeginn) seinen Beitritt zu der neuen Kasse erklären.

Die gewählte Kasse prüft dann anhand der Angaben des Mitglieds, ob die Voraussetzungen für einen Krankenkassenwechsel gegeben sind. Ist dies der Fall informiert sie das Neu-Mitglied über den Kassenwechsel und sendet eine entsprechende Meldung an die bisherige Krankenkasse.

Der Arbeitnehmer teilt seinem neuen Arbeitgeber seine „neue“ Krankenkasse mit. Eine Mitgliedsbescheinigung kann der Arbeitnehmer künftig nicht mehr vorlegen. Der neue Arbeitgeber meldet den Arbeitnehmer daraufhin bei der genannten Krankenkasse an (Anmeldung Grund 10).

Die neue Krankenkasse bestätigt dem Arbeitgeber daraufhin im elektronischen Verfahren die Mitgliedschaft des Arbeitgebers (elektronische Mitgliedsbescheinigung).

Kassenwechsel 2021: Sonderfall Jahreswechsel 2020/2021

Sollte eine Wahlerklärung für eine neue Kasse nach dem 31.12.2020 bereits vor dem neuen Jahr bei der Kasse ein gilt noch das alte Papierverfahren. Ferner sollte zum Beginn des Verfahrens sicherheitshalber eine Papier-Kündigung an die alte Kasse gesendet werden bis das neue elektronische Verfahren etabliert ist. Erfahrungsgemäß brauchen solch neu eingeführte Verfahren ein paar Wochen Anlaufzeit.

Kassenwechsel bei unverändertem Versicherungsverhältnis (Regelverfahren)

Natürlich ist auch künftig ein Kassenwechsel bei einem unveränderten Versicherungsverhältnis (Beschäftigungsverhältnis) möglich. Hierbei sind aber weiterhin die Bindungsfrist und die Kündigungsfrist zu beachten. Ab 2021 gilt die verkürzte allgemeine Bindungsfrist von 12 Monaten (statt 18 Monaten). Die Kündigungsfrist bleibt unverändert bestehen. Es gilt weiterhin eine Kündigungsfrist bis Ablauf des übernächsten Kalendermonats, so dass die neue Kasse ab dem 1. des darauffolgenden Monats beginnt.

Sollte ein Mitglied einen Wahltarif bei seiner alten Kasse abgeschlossen haben, so gilt eine spezielle Bindungsfrist von 12 bzw. 36 Monaten. Auch diese spezielle Bindungsfrist muss erfüllt sein.

Auch hier ist eine Papier-Kündigung bei der alten Kasse nicht mehr nötig. Es reicht auch hier aus, seinen Beitritt bei der neuen Kasse zu erklären. Die neue Kasse prüft dabei zunächst, ob die Voraussetzungen für einen Kassenwechsel vorliegen und sendet elektronisch eine Initialmeldung an die bisherige Krankenkasse. Die bisherige Kasse prüft dann die Voraussetzungen und bestätigt der neuen Kasse den Wechseltermin oder nennt der neuen Kasse den frühestmöglichen Wechseltermin, da z.B. noch Bindungsfristen erfüllt werden müssen.

Sollte innerhalb der Kündigungsfrist ein Tatbestand eintreten, aus dem das Mitglied die Krankenkasse vorher wechseln kann, zum Beispiel ein Arbeitgeberwechsel, so entscheidet das Mitglied über den Wechselzeitpunkt.

Sonderfall Jahreswechsel 2020/2021

Aufgrund der Kündigungsfrist kommt das neue Verfahren noch nicht für die Kassenwechseltermine zum 1.1.2021, 1.2.2021 und 1.3.2021 in Betracht. In diesen Fällen greift dann noch das „alte“ Papierverfahren.

Hintergrund: Kassenwechsel zu den oben genannten Terminen, müssen aufgrund der Kündigungsfrist noch im Jahr 2020 bei der alten Kasse eingehen. Da im Jahr 2020 noch das Papierverfahren gilt, kommt das neue Verfahren tatsächlich erst zum 1.4.2020 bei einer Kündigung im Regelverfahren zum Einsatz.

Sonderkündigungsrecht bei Erhöhung des Zusatzbeitrags

Das bisherige Sonderkündigungsrecht der Mitglieder, wenn eine Kasse den kassenindividuellen Zusatzbeitragssatz anhebt, bleibt bestehen. In diesen Fällen kann das Mitglied die Kündigung in dem Monat erklären, für den der Zusatzbeitragssatz erhöht wird.

Bei einer Anhebung des Zusatzbeitragssatzes kann die Mitgliedschaft ohne die Einhaltung der Bindungsfrist gekündigt werden. Die zweimonatige Kündigungsfrist ist auch in diesem Fall einzuhalten, so dass das Mitglied noch für zwei Monate den erhöhten Zusatzbeitragssatz zahlen muss und erst dann zur neuen Kasse wechselt.

Ab 2021 werden auch Sonderkündigungen in das neue elektronische Verfahren einbezogen.

Hinweis: Die Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags löst kein Sonderkündigungsrecht aus.

Telefonische Krankschreibung wieder möglich

Zum Beginn der Erkältungssaison hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) sich erneut auf eine Sonderregelung für die telefonische Krankschreibung verständigt. Ab 19.10.2020 bis Ende 2020 sollen dann wieder telefonische Krankschreibungen möglich sein.

Telefonische Krankschreibung ab 19.10.2020 möglich

Bereits bis Ende Mai 2020 war es möglich sich telefonisch krankschreiben zu lassen. Diese Ausnahmeregelung tritt ab 19.10.2020 wieder in Kraft. Befristet bis zum 31.12.2020 ist es dann wieder möglich, bei leichten Atemwegserkrankungen sich telefonisch für bis zu 7 Tage krankschreiben zu lassen. Niedergelassene Ärzte müssen sich dabei persönlich vom Zustand des Patienten durch eine eingehende telefonische Befragung überzeugen. Eine einmalige Verlängerung der Krankschreibung kann telefonisch für weitere 7 Kalendertage ausgestellt werden.

Krankenhausärzte können im Rahmen des Entlassungsmanagements eine Arbeitsunfähigkeit für eine Dauer von bis 14 Kalendertagen nach Entlassung aus dem Krankenhaus bescheinigen.

Mit diesen Regelungen soll der aktuell beschleunigten Infektionsdynamik mit dem COVID-19-Virus, aber auch den saisonal nun häufig anzutreffenden Erkältungsinfektionen begegnet werden.

Der Gemeinsame Bundesausschuss gibt bekannt, dass es in der derzeitigen Situation vermieden werden soll, dass es zu vollen Wartezimmern kommt. Denn, so der Ausschuss weiter, allein durch mögliche Kontakte auf dem Weg in die Praxis oder beim Warten in geschlossenen Räumen steigt das Risiko, sich anzustecken. Mit der Krankschreibung per Telefon gibt es für Menschen mit leichten Atemwegserkrankungen eine gute Alternative zum Praxisbesuch. Die Erfahrungen aus dem Frühjahr mit der Krankschreibung per Telefon, so der Ausschuss weiter, haben gezeigt, wie umsichtig Versicherte damit umgehen.

Update 3.12.2020: Der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken hat beschlossen die Regelungen zur erleichterten telefonischen Krankschreibung bis 31.3.2021 zu verlängern (zur Pressemitteilung).

Ob dieser Ansicht des Ausschusses alle folgen mag bezweifelt werden, da die Fehltage im März und April 2020 kräftig angezogen sind bei den einzelnen Krankenkassen.

https://www.dak.de/dak/bundesthemen/krankenstand-kurzstudie-2297456.html#/

Telefonische Krankschreibung – Inkrafttreten

Unabhängig von der Ausnahmeregelung zur telefonischen Krankschreibung sollten Versicherte bei typischen COVID-​19-Symptomen, nach Kontakt zu COVID-​19-Patienten und bei unklaren Symptomen von Infektionen der oberen Atemwege vor dem Arztbesuch telefonisch Kontakt zur Praxis aufnehmen und das weitere Vorgehen besprechen.

Der Beschluss zur bundesweiten Sonderregelung der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit tritt nach Nichtbeanstandung durch das Bundesministerium für Gesundheit und Veröffentlichung im Bundesanzeiger mit Wirkung vom 19.10.2020 in Kraft.

Hinweis: Sämtliche Sonderreglungen, die der Gemeinsame Bundesausschuss zur Corona-Pandemie getroffen hat, finden Sie hier.

Das ist der Gemeinsame Bundesausschuss

In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gibt der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung der medizinischen Versorgung vor. Die Einzelheiten werden von der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärztinnen und Ärzten und Krankenkassen festgelegt. Wichtigstes Organ der gemeinsamen Selbstverwaltung ist der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). Er besteht aus drei unparteiischen Mitgliedern sowie aus Vertreterinnen und Vertretern der Vertragsärzteschaft, der Vertragszahnärzteschaft, der gesetzlichen Krankenkassen und der Krankenhäuser. Vertreterinnen und Vertreter von Patientenorganisationen nehmen an den Sitzungen aller Gremien des G-BA teil. Sie haben ein Mitberatungs- und Antragsrecht.

Mehr zum Gemeinsamen Bundesausschuss finden Sie hier.

Das Gremium setzt sich aus 13 Mitgliedern zusammen, die teilweise unparteiisch sind, teilweise aber auch als Interessenvertreter fungieren. Mehr dazu hier.

Arbeitszeit und Mindestlohn – Rund um die Uhr Pflegebetreuung

Vergütung bei einer rund-um-die-Uhr-Pflege im häuslichen Bereich – LAG Urteil.

Die Arbeitszeiten von Pflegekräften sind oft extrem. Nicht umsonst gilt die Redewendung, dass Pflege keine Arbeitszeit kennt. Doch wie sind die Arbeitszeiten in der Pflege zu vergüten und was zählt als Arbeitszeit. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat dazu in einem Fall entschieden, der aufzeigt, dass die Arbeitszeiten für Pflegekräfte nicht beliebig angesetzt werden dürfen. Die Arbeitszeiten und die damit einhergehende Vergütung muss den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen.

Rund um die Uhr Pflege, aber nur 30 Stunden-Woche?

Im verhandelten Sachverhalt ging es um eine Altenpflegerin, die eine ältere Dame (96 Jahre) rund um die Uhr im Haus der alten Frau, betreute. Als Vergütung erhielt sie nur 30 Stunden die Woche. Das ist zu wenig entschied das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 17.8.2020; Az. 21 Sa 1900/19). Für eine umfassende häusliche Betreuung sind täglich 21 Stunden mit Mindestlohn zu vergüten.

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Die Altenpflegerin aus Bulgarien wurde durch eine Agentur vermittelt, die eine 24 Stunden zu Hause anbot. Die Altenpflegerin betreute die hilfsbedürftige Frau. Der Arbeitsvertrag sah dabei eine umfassende Betreuung mit Körperpflege, Hilfe beim Essen, Führung des Haushalts vor. Dafür wohnte die Altenpflegerin auch in dem Haus. Laut Vertrag wurde dies mit einem Entgelt für 30 Stunden pro Woche vergütet. Nach einigen Monaten zog die bulgarische Pflegerin dann vor Gericht und verlangte eine Vergütung der wöchentlichen Arbeit, die weit über die 30 Stunden hinaus gehe. Sie arbeite jeden Tag von 6.00 Uhr bis etwa 22.00/23.00 Uhr und sei oft auch nachts im Einsatz gewesen. Für diese Arbeitszeit machte sie den Mindestlohn geltend. Der Arbeitgeber verwies jedoch auf die vereinbarte Arbeitszeit von 30 Stunden. Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht. Vielmehr sprachen die Richter der Altenpflegerin eine Vergütung in Höhe des Mindestlohns von 21 Stunden täglich zu. Die Berufung des Arbeitgebers auf die vereinbarte Begrenzung der Arbeitszeit sei treuwidrig. 30 Stunden pro Woche seien für das vereinbarte Leistungsspektrum unrealistisch.

Arbeitszeiten erfassen

Für die Praxis ergibt sich in solchen Fallkonstellationen, dass es sinnvoll ist, die Arbeitszeiten konkret aufzuzeichnen. Diese Arbeitszeiten sollten dann auch mindestens mit dem Mindestlohn vergütet werden.

Übrigens: In Pflegeeinrichtungen gilt der Pflegemindestlohn und nicht der niedrigere allgemeine Mindestlohn für die Arbeitnehmer.

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Arbeitszeiterfassung per Fingerscan nur mit Zustimmung

Die Arbeitszeiterfassung in Betrieben ist ein heikles Thema. Sie soll natürlich einfach, unkompliziert und auch digital die Arbeitszeiten erfassen. Doch die Gerichte sehen auch Grenzen der Möglichkeiten.

Die Arbeitszeiterfassung wird zunehmend digitaler. Die meisten Firmen nutzen bereits jetzt schon eine elektronische Arbeitszeiterfassung. In aller Regel erfolgt die Zeiterfassung durch eine Karte oder Eingabe eines PINs oder per Zeiterfassungschip. Doch einige Firmen wollen die Zeiterfassung noch einfacher gestalten (und moderner), so dass auch die Zeiterfassung per Fingerscan angedacht und umgesetzt wird. Doch dem sind Grenzen gesetzt wie ein aktuelles Urteil zeigt.

Arbeitszeiterfassung per Fingerscan bedingt möglich

Arbeitgeber können ihre Angestellten nicht verpflichten, die Arbeitszeiten mittels des eigenen Fingerabdrucks zu erfassen. Für die Verarbeitung der biometrischen Daten, müssten die Arbeitnehmer einwilligen, so das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in einem Urteil vom 4.6.2020 (Az. 10 Sa 2130/19).

Im verhandelten Fall sollten die Angestellten die Arbeitszeiten mit ihrem Fingerabdruck im System erfassen. Hierbei wurde jedoch nicht der komplette Fingerabdruck gescannt, sondern die sogenannten Minutien. Weil dadurch aber biometrische Daten verarbeitet würden, sei die Einwilligung der Angestellten erforderlich, so die Entscheidung des Gerichts.

Ein Arbeitnehmer weigerte sich jedoch, seine Arbeitszeit auf diesem Wege erfassen zu lassen. Gegen die ausgesprochene Abmahnung seines Arbeitgebers zog er schließlich vor Gericht und bekam Recht. Das Landesarbeitsgericht bestätigte den Angestellten in seiner Auffassung, die Arbeitszeiterfassung per Fingerabdruck nicht vornehmen zu müssen. Denn auch wenn das System nur die Fingerlinienverzeigungen verarbeite, handle es sich um biometrische Daten. Bei biometrischen Daten ist aber § 9 Abs. 2 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) einschlägig, wonach solche Daten nur ausnahmsweise verarbeitet werden dürften. Bei der Arbeitszeiterfassung konnten die Richter nicht feststellen, dass dafür biometrische Daten unbedingt erforderlich seien. Deswegen könne der Arbeitgeber die Daten nicht ohne die Einwilligung des Arbeitnehmers erfassen. Eine Pflichtverletzung liege demzufolge nicht vor, wenn der er diese Form der Zeiterfassung verweigere.

Arbeitszeiterfassung per Fingerscan vereinbaren

Um in Ihrem Betrieb eine Arbeitszeiterfassung per Fingerscan einzuführen, sollten Sie bereits im Vorfeld das Gespräch mit der Arbeitnehmerseite suchen und Einvernehmen erzielen. Sofern Sie es mit einem Betriebsrat zu tun haben, sollten Sie diesen rechtszeitig einbinden, wenn es darum geht die Arbeitszeiterfassung per Fingerscan oder anhand anderer biometrischer Merkmale einzuführen. Durch das oben angeführte Urteil sind Sie als Arbeitgeber leider nicht ohne weiteres in der Lage eine solche Art der Arbeitszeiterfassung problemlos einzuführen.

Kindergeld soll 2021 steigen

1.1.2021 beim Kindergeld geplant. Das Kindergeld soll 2021 deutlich steigen. Damit wird eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag ab 2021 umgesetzt.

Kindergeld soll 2021 steigen

Das Kindergeld wurde zuletzt zum 1.7.2019 erhöht. Dies war jedoch nur der erste Teil einer Vereinbarung aus der Koalitionsvereinbarung. Dort hatten die Regierungsparteien vereinbart, dass das Kindergeld innerhalb der Legislaturperiode in zwei Schritten erhöht werden soll.

Ab 1.1.2021 soll das Kindergeld je Kind um 15 Euro je Monat erhöht werden. Somit ergeben sich ab 1.1.2021 folgende Werte:

1. Kind219 Euro (von 204 Euro)
2. Kind219 Euro (von 204Euro)
3. Kind225 Euro (von 210 Euro)
4. Kind sowie weitere Kinder jeweils250 Euro (von 235 Euro)
  
Übersicht Kindergeld 2021

Beispiel:

Eine Familie mit 4 Kindern erhält somit ab 1.1.2021 deutlich mehr Kindergeld (60 Euro monatlich).

Das Kindergeld für diese Familie (mit 4 kindergeldberechtigten Kindern) beträgt ab 1.1.2021 monatlich 913 Euro.

Gleichzeitig sollen nach dem Gesetzentwurf auch die Kinderfreibeträge auf 8.388 Euro steigen (aktuell 7.812 Euro).

Ferner soll nach dem Gesetzentwurf der Grundfreibetrag 2021 und 2022 steigen. Ab 2021 soll er bei 9.696 Euro und im Jahr 2022 auf 9.984 Euro erhöht werden. Aktuell liegt der Grundfreibetrag bei 9.408 Euro.

Der Existenzminimumbericht, der Grundlage sein soll, sieht jedoch eine Erhöhung des Grundfreibetrags auf 9.744 Euro vor. Es ist also nicht auszuschließen, dass sich die Zahlen in dem Gesetzentwurf noch einmal ändern.

Kindergeldauszahlung

Die Auszahlung des Kindergeldes erfolgt in aller Regel durch die Familienkassen. Auswirkungen auf die Lohnsteuer in der Lohnabrechnung hat das Kindergeld zunächst nicht.

Die Auszahlung des Kindergeldes erfolgt für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst regelmäßig zusammen mit der Entgeltabrechnung, so dass in diesen Fällen keine Auszahlung durch die Familienkasse erfolgt.

Kindergeld soll 2021 steigen – Kinderfreibeträge auch

Die Kinderfreibetragszähler finden sich hingegen bei allen Arbeitnehmern, also auch den gewerblichen Arbeitnehmern, die das Gros der abhängig Beschäftigten darstellen. In der Lohnabrechnung wirken sich somit „eingetragene“ Kinder auf die steuerlichen Abzüge des Arbeitnehmers aus. Allerdings finden die Ki9nderfreibeträge bei der Lohnsteuerberechnung keine Berücksichtigung. Das bedeutet, die Lohnsteuerhöhe wird unabhängig von den Kinderfreibeträgen ermittelt.

Die Kinderfreibeträge wirken sich nur bei der Berechnung des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer aus (soweit Kirchensteuern zu zahlen sind).

Nettolohnerhöhung durch Kirchenaustritt

Kirchenaustritt kann den Nettolohn erhöhen.

Die Kirchen in Deutschland verlieren seit Jahren Mitglieder. Vielfach sind die Kirchenaustritte dabei aus finanziellen Gründen motiviert. Denn die Kirchensteuer beträgt bis zu 9 Prozent der Lohnsteuer, so dass sich ein Kirchenaustritt bei vielen Arbeitnehmer bemerkbar macht. Wie hoch ist die Einsparung tatsächlich und wer initiiert den Kirchenaustritt.

Die Gründe für einen Kirchenaustritt sind vielfältig, so treten zahlreiche Arbeitnehmer aufgrund der Kirchensteuer aus, aber viele reiben sich auch an der Institution Kirche als solches, die in den vergangenen Jahren vielfach mit diversen Skandalen zu kämpfen hatte. Im Jahr 2019 sind 540.000 Menschen aus den Amtskirchen ausgetreten

Die Entscheidung über einen Kirchenaustritt sollten Sie im Lohnbüro nicht weiter kommentieren oder hinterfragen, da dies eine Entscheidung des Arbeitnehmers ist und daher Privatsache.  Die Mitteilung über einen Kirchenaustritt erhalten Sie über den regelmäßigen ELStAM-Abruf automatisch mitgeteilt. Dabei erhalten Sie auch die Information ab wann der Kirchenaustritt gilt und die geänderten ELStAM in der Entgeltabrechnung zu berücksichtigen sind. Etwaige Korrekturläufe erfolgen dann regelmäßig durch Ihre Lohnsoftware.

Kirchensteuer in der Lohnabrechnung

Die Kirchensteuer wird wie die Lohnsteuer und der Solidaritätszuschlag bei der Entgeltabrechnung vom Arbeitgeber direkt einbehalten. Die Kirchensteuer beträgt dabei grundsätzlich 9 Prozent der Lohnsteuerschuld. Ausgenommen davon sind die Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern, in diesen beiden Bundesländern wird die Kirchensteuer nur in Höhe von maximal 8 Prozent der Lohnsteuerschuld erhoben.

Je höher also die Lohnsteuerbelastung, desto höher sind auch die Kirchensteuern für den einzelnen Arbeitnehmer.

Beispiele:

Ein Arbeitnehmer verdient monatlich 4.000 Euro (Steuerklasse IV, 2 Kinder, evangelisch).

Der Arbeitnehmer hat eine Kirchensteuerbelastung (9 Prozent Kirchensteuer) von 42 Euro monatlich (504 Euro jährlich).

Ein Arbeitnehmer verdient monatlich 6.000 Euro (Steuerklasse IV, 2 Kinder, katholisch).

Der Arbeitnehmer hat eine Kirchensteuerbelastung (9 Prozent Kirchensteuer) von 100 Euro monatlich (1.200 Euro jährlich).

Ein Arbeitnehmer verdient monatlich 3.000 Euro (Steuerklasse I, keine Kinder, evangelisch).

Der Arbeitnehmer hat eine Kirchensteuerbelastung (9 Prozent Kirchensteuer) von 37 Euro monatlich (444 Euro jährlich).

Anhand der Beispiele ist gut zu erkennen, dass mit zunehmenden Einkommen (und abhängig von der Steuerklasse) die Belastung durch die Kirchensteuer zunimmt. Durch einen Kirchenaustritt verringern Arbeitnehmer die Steuerlast und erhöhen damit ihren Nettoverdienst teilweise recht deutlich.

Kirchenaustritt – so geht es

Der Austritt aus einer Kirche kann seitens des Arbeitnehmers erfolgen. Hierzu muss der austrittswillige Arbeitnehmer in aller Regel einen Termin beim Standesamt (teilweise auch Bürgeramt) vereinbaren und dort seinen Austritt erklären. Der Kirchenaustritt wird dann steuerlich in aller Regel zum nächsten Monat wirksam, so dass ab dem Folgemonat des Kirchenaustritts keine Kirchensteuer mehr zu zahlen ist.

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Sachbezugswerte 2021 sollen steigen

Zum 1.1.2021 sollen die amtlichen Sachbezugswerte für Verpflegung und Unterkunft steigen. Dies geht aus einem Entwurf der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) hervor.

Sachbezugswerte 2021 – Verpflegung

Für die freie Verpflegung eines Arbeitnehmers soll ab 1.1.2021 ein amtlicher Sachbezugswert von 263,00 Euro gelten. Dies entspricht einer leichten Anhebung gegenüber dem Jahr 2020. Hier beträgt der amtliche Sachbezugswert für Verpflegung 258,00 Euro im Monat.

Abgeleitet aus den monatlichen amtlichen Sachbezugswerten ergeben sich einheitlich für alle Arbeitnehmer in allen Bundesländern (und somit auch bei Jugendlichen unter 18 Jahren und Auszubildenden) folgende tägliche amtliche Sachbezugswerte für die jeweiligen Mahlzeiten:

  • Frühstück: 55,00 Euro monatlich bzw. 1,83 Euro kalendertäglich (2020: 54,00 Euro monatlich und 1,80 Euro kalendertäglich).
  • Mittag- und Abendessen: jeweils 104,00 Euro monatlich bzw. jeweils 3,47 Euro kalendertäglich (2020: 102,00 Euro monatlich bzw. 3,40 Euro kalendertäglich).

Die amtlichen Sachbezugswerte für Verpflegung sind anzusetzen, wenn es sich durch eine unentgeltliche Verpflegung durch den Arbeitgeber, zum Beispiel in einer selbstbetriebenen Kantine handelt.

Arbeitstägliche Mahlzeitengestellungen durch Ausgabe von Essensgutscheinen bzw. Restaurantschecks oder Essenszuschüsse, sofern der Verrechnungswert der Essenmarke bzw. der Arbeitgeberzuschuss für ein Mittagessen 2021 nicht über 6,57 Euro (Mittag- bzw. Abendessen: 3,47 Euro zuzüglich 3,10 Euro) liegt.

Bei dem Erhöhungsbetrag von 3,10 Euro handelt es sich um eine Kulanzregelung der Finanzverwaltung, die durch die jährliche Anpassung des amtlichen Sachbezugswertes nicht beeinflusst wird und seit Jahren unverändert besteht.

Sachbezugswerte 2021 – Unterkunft

Stellt der Arbeitgeber eine kostenfreie Unterkunft für Arbeitnehmer zur Verfügung so sind auch dafür amtliche Sachbezugswerte 2021 anzusetzen. Für eine freie Unterkunft sind ab 2021 voraussichtlich 237,00 Euro monatlich (2020: 235,00 Euro) in der Entgeltabrechnung anzusetzen.

Verfahrensverlauf:

Die Sozialversicherungsentgeltverordnung 2021 muss noch vom Bundeskabinett beschlossen und anschließend durch den Bundesrat die Zustimmung erfahren. Traditionell sind diese weiteren Schritte aber Formalien, die seit Jahren einspruchslos vorgenommen worden sind. Daher ist von den jetzt veröffentlichten voraussichtlichen Sachbezugswerten 2021 (nahezu) auszugehen. Update: 27.11.2020: Der Bundesrat hat den neuen Sachbezugswerten 2021 zugestimmt.

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